Lügen mit Statistik

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Falsche Statistik senkt Arbeitslosigkeit


unter diesem Titel lieferte die Märkische Oderzeitung am 4. August 2006 ein interessantes Beispiel, wie es zu einem scheinbaren Rückgang der Arbeitslosigkeit kommen kann. In dem Artikel geht es um die offiziellen Arbeitslosenzahlen von Brandenburg. Laut der veröffentlichten Statistik ist dort im vergangenen Juli die Arbeitslosenquote von 16,5 auf 16,3 Prozent zurückgegangen. Aber laut Thomas Bertat von der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit habe dies zu keiner Entspannung am Arbeitsmarkt geführt. Seine Erklärung: "Diese 0,2 Prozentpunkte Rückgang ergeben sich aus den bereinigten Zahlen von Oder-Spree" Die Zahlen in diesem Landkreis seien bisher geschätzt worden.

Allerdings handelt es sich bei der Kommune Oder-Spree nicht um einen einzelnen Sonderfall, denn bundesweit gibt es in Deutschland 69 Kommunen. Laut Bertat ist daran das sogenannte Optionsmodell im Rahmen von Harz IV verantwortlich. Diese Kommunen verwalten ihre Arbeitslosen selbst und müssen nur die Zahlen an die Bundesagentur liefern.

Zunächst seien aber überhaupt keine Zahlen, später dann Werte geliefert worden, 'die stark von der statistischen Wahrscheinlichkeit abwichen'. Deshalb sei geschätzt worden. Erst im Juli dieses Jahres habe die vom Landkreis benutzte Software Zahlen geliefert, die verwendbar seien. Man habe aber für Juni erheblich mehr geschätzt als für Juli gemeldet. 'So erklärt sich die enorme Abweichung', sagt Bertat. Und so verschwanden 2000 Arbeitslose. (Märkische Oderzeitung, 4. August 2006)
 
In dem Artikel wird auch Ilona Mirtschin von der Nürnberger Zentrale der Bundesagentur zitiert, die erläutert, dass es sich dabei keineswegs um einen Einzelfall handele. Immer noch gäbe es vier Optionskommunen in Deutschland, die keine verlässlichen Zahlen lieferten. "Man habe dafür ein mathematisches Modell, mit dem deren Arbeitsmarktzahlen geschätzt würden. "

Mit dem Tool, dass man den Optionskommunen im Juni zur Verfügung gestellt hatte, könnten sich die Zahlen "schon einmal sprunghaft verändern".

Es wäre auf jeden Fall falsch, wenn man nun glaubte, dass es erst im Rahmen von Harz IV und der Einführung des Optionsmdells zu einer Verzerrung der Arbeitslosenzahlen gekommen ist. Die Arbeitslosenzahlen waren schon immer, wie man in unserem Artikel Schönfärberei einer grausamen Wirklichkeit lesen kann, im Wechselbad teilweise konträrer, willkürlicher  und häufig politisch motivierter Interpretationen.

Aktuelle Anmerkung vom 29. Mai 2008: Nachdem sich allzu viele der Illusion hingegeben hatten, dass die Schar der Arbeitslosen sinke, kratzte der stellvertretende Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Peter Clever, heute an diesem Traumbild. Just in dem Moment, als die Agentur wieder sinkende Zahlen bekanntgibt: Man vermeldet, dass die Zahl der Arbeitslosen im Mai weiter auf 3,283 Millionen zurückgegangen sei, d.h. 131.000 weniger als im April. Der englischen Bedeutung seines Namens alle Ehre machend plädierte er für eine Änderung bei der Arbeitlosenstatistik. Er fordert, dass auch Menschen in Qualifizierungsmaßnahmen und Beschäftigte auf dem zweiten Arbeitsmarkt in der Statistik erfasst werden müssten. Dadurch würde sich die Zahl der Erwerbslosen um gut eine halbe Million erhöhen. Eine Frage an die Politiker: Wieso hat man überhaupt diese Menschen aus der Statistik herausgenommen? Wollte man nur die Statistik beschönigen oder wollte man die Wähler und Wählerinnen bewusst belügen und in einen Irrglauben führen? (Quelle: Deutschlandradio und Deutschlandfunk, 29.5.2008, http://www.dradio.de/aktuell/792557/)

"Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, verdammte Lügen und Statistiken." (Benjamin Disraeli)

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