Lügen der Wissenschaftler

Wissenschaft

Orange oder Rot-gelb:

Interpretation oder Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen

In diesem Beispiel geht es darum zu zeigen, wie leicht Zeugenaussagen,  auch wenn sie wahrheitsgemäß erfolgen, falsch interpretiert werden können. Inspiriert wurde ich von  einem Kapitel aus dem Buch  "Der Schein der Weisen" von Hans-Peter Beck-Bornholdt und Hans-Herrmann Dubben.

Die Mannschaften der beiden Fußballvereine FC Schwalbe und FC Money-Cicker treffen in einem für beide Vereine äußerst wichtigen Spiel zusammen. FC Schwalbe gewinnt das Match, aber aus Sicht des Fanclubs von FC Money-Cicker  nur wegen Fehlentscheidungen des Schiedsrichters und  einer äußerst unfairen Spielweise. Trotz einem starken Polizeiaufgebotes kommt es dann in der Nacht zu den befürchteten Ausschreitungen.

In einer dunklen Gasse beobachtet Herr Dackelberger, der gerade seinen Hund ausführt, wie jemand zu Boden geworfen wird und eine Gestalt in orangener Jacke flieht. Eine Jacke, wie sie nur von den Mitgliedern des harten Kernes  des
Fanclubs der FC Money-Cicker (also die Unterabteilung Hooligans) getragen wird.

Für die lokale Presse  ist der Fall klar: Ein Fan des FC Money-Cicker der die Niederlage seines Vereines nicht verkraften konnte, hatte auf brutale Art und Weise einen Fan des anderen Vereins krankenhausreif geschlagen. Doch ein ein Leser weist darauf hin, dass man im Dämmerlicht eine orangene nicht so
einfach von einer rot-gelben Jacke, d.h. der "Uniform" der Fans des FC Schwalbe,  unterscheiden könne. Außerdem
rechnete er vor - ohne zu sagen, woher er die Zahlen hatte  - dass sich zum Zeitpunkt der Tat 100 Hooligans des FC Schwalbe in der Stadt aufhielten, während der FC Money-Cicker nur 20 "gestellt" hatte. Also, argumentierte er, seien 100 von insgesamt 120 Hooligans Angänger des FC Schwalbe gewesen. Nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung bedeute dies, dass das Opfer mit 83 prozentiger Sicherheit (100/120 = 0.8333333) von einem Hooligan der eigenen Farbe überfallen und misshandelt worden war.

Herr Fermat, ein pensionierte Mathematiklehrer des örtlichen Gymnasiums, mischt sich am nächsten Tag per Leserbrief in die Diskussion ein. Sein Argument lautet, dass man auf jeden Fall die Irrtumswahrscheinlichkeit des Zeugen mit einkalkulieren müsste. Wenn sich der Zeuge nur in 20 Prozent der Fälle irrte, was in Anbetracht der Lichtverhältnisse noch ein guter Wert sei, ergäbe sich ein völlig anderes Bild:

Wenn dem Zeugen nach und nach alle Hooligans begegnen würden, so würde er 20 von den insgesamt 100 rot-gelben FC Schwalbe Hooligans als FC Money-Cicker bezeichnen, im umgekehrten Fall würde er 4 der 20 FC Money-Cicker Hooligans als dem anderen Verein zugehörig bezeichnen.

Farbe der Jacke
Anzahl der Hooligans Zeuge glaubt rot-gelbe Jacke zu sehen
Zeuge glaubt orangene Jacke zu sehen
orange
20
20 % von 20: 4 mal
80 % von 20: 16 mal
rot-gelb
100
20 % von 100: 80 mal
80 % von 100: 20 mal


Also in 36 Fällen ( 16 + 20) glaubt der Zeuge eine orangene Jacke und damit einen Anhänger FC Money-Cicker zu sehen. Aber, wie man aus der Tabelle entnehmen kann, irrt er sich in 20 Fällen. Die Irrtumswahrscheinlichkeit des Zeugens, wenn er orange sieht, ist also 56 % (20/36 *100)

Das heißt in mehr als der Häfte aller Fälle irrt sich der Zeuge!

"Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, verdammte Lügen und Statistiken." (Benjamin Disraeli)

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