Lügen bis sich die Balken biegen

Wirtschaft

Günstige Kredite

Banken nutzen zunehmend die mathematische Unerfahrenheit ihrer Kunden aus. Auch wenn sie meistens nicht direkt mit falschen Zahlen agieren, bemühen sie sich bewusst Kreditsuchende oder Sparwillige in die Irre zu führen.

Bei den hohen Kontoführungsgebühren von manchen Banken, ist es allzu verlockend, zu einer Bank zu wechseln, die mit einem kostenlosen Girokonto wirbt. Die kleine Fußnote und den Text im Kleingedruckten versäumen viele leider zu lesen und die sogenannte Kundenberaterin  oder  der Kundenberater tun ihr Bestes, um alle möglichen Bedenken zu zerstreuen. Im Kleingedruckten findet sich zum Beispiel ein Satz, der besagt, dass das Konto immer mindestens 2000,- Euro Guthaben aufweisen muss. Sollte dieser Betrag unterschritten werden, - was wohl bei den meisten Kunden der Fall sein wird, - gelten Konditionen, die weitaus schlechter sind als bei ihrer alten Bank. Oder bei einer anderen Bank mit kostenloser Kontoführung stellt sich im Kleingedruckten heraus, dass nur eine bestimmte Anzahl von Buchungen kostenfrei sind, z.b. im Extremfall eine Einzahlung, eine Auszahlung und ein Dauerauftrag. Weitere Buchungen liegen dann jedoch weit über dem Marktniveau. So stellen sich kostenlose Konten bald als extrem Kosten behaftet heraus. Wie sieht es jedoch aus, wenn man immer die 2.000,- Euro Guthaben aufweisen kann? Ist das Konto dann wirklich gebührenfrei? Keineswegs, denn für Guthaben erhält man laut Kleingedrucktem keine Verzinsung. Nehmen wir nun an, dass man bei einer Anlage 2% Zinsen erzielen könnte, bedeutet das, dass man versteckt 40,- Euro Kontoführungsgebühr pro Jahr zahlt!

Wie kann man jemand reinlegen, der ein wenig Geld "auf die hohe Kante" legen will. Ganz einfach: Man druckt eine bunte Broschüre oder ein farbenfrohes Plakat, auf dem ein stolzer Zinssatz prangt, sagen wir "3 % Zinsen auf Ihre Anlage". Man verspricht einen hohen Zins für eine extrem sichere Anlage. Wenn man den Text jedoch genau studiert, findet man, vielleicht erst nachdem man seine Lesebrille angezogen hat, des Pudels Kern: Die 3 % Zinsen erhält man nach Ablauf der Laufzeit von 16 Monaten für die gesamte Laufzeit. Natürlich weiß die werbende Bank, dass die meisten Leute beim Lesen  des Zinssatzes annehmen, dass es sich um einen Jahreszinssatz handelt. Die effektive jährliche Verzinsung beträgt aber nur 2,24 %. [1]


Bei Krediten lässte sich noch leichter täuschen, denn dort hat man ein wirkungsvolleres Instrumentarium im Laufe der Zeit geschaffen. Die Instrumente dazu lauten:
  • Disagio
  • einmalige Bearbeitungsgebühr
  • jährliche Kosten
  • Versicherungen
  • Versicherungskosten
Schauen wir uns das einmal an einem fiktiven Beispiel an: Herr Naiv war ursprünglich nicht naiv genug zu glauben, dass er sich bei seinem bescheidenen Gehalt das kleine Haus am Stadtrand leisten könnte, das in einer Anzeige angepriesen wurde. Ein Freund, der rechnen kann, sagt ihm, dass er bei  den derzeitigen Kreditzinsen von 5 Prozent und einer Tilgung von etwa 2% monatlich mit ca. 1500,- Euro für die benötigten 250.000,- € rechnen müsse. Aber Kundenberater Pfiffig seiner "Haus"bank stellt wischt seine Bedenken beiseite, denn er erklärt ihm fachkundig, dass er monatlich genau 1050,- € zahlen müsste.  Das tollste ist sogar noch, dass er nicht nur 250.000,- € von der Bank ausgezahlt bekommt, sondern sogar noch 2000,- Euro mehr. Für ihn heißt das, dass er sich nicht nur das Haus sondern auch noch den neuen Flachbildfernseher leisten könnte. Herr Pfiffig erklärt ihm, dass die Kreditsumme von 280.000,- auf dem Vertrag nur eine Formsache sei, denn er bekomme ja schließlich nur 252.000,00

Die Rechnung der Bank seines Vertrauens sieht wie folgt aus:

Kreditbetrag
280.000,00
Disagio (10 %)
28.000,00
Auszahlungsbetrag
252.000,00
Zinsbindung
10 Jahre
Zinssatz
3,5
Tilgungssatz
1,0
Ratenhöhe pro Monat
1.050,00

Das böse Erwachen kommt 10 Jahre später für Herrn Naiv. Sein Fernseher geht kaputt, aber was noch schlimmer ist: Sein Darlehens-Vertrag läuft aus.  Von Herrn Pfiffig erfährt er, dass seine Restschuld sich immer noch auf fast 250.000,- € beläuft. Da man sich nun gerade in einer Hochzinsphase befindet, sind günstige Kredite nicht unter 8 % zu haben. Seine monatliche Belastung beläuft sich nach Abschluss eines neuen Kredites nun auf 1875,- €. Weitaus mehr als er sich leisten kann, denn in den letzten Jahren hatte er keinerlei Beförderungen oder Gehaltsverbesserungen erhalten. Herr Naiv muss nun einen Nebenjob annehmen, um finanziell über die Runden zu kommen.


[1] Berechnung:
Für die Ermittlung des effektiven Jahreszinssatzes p muss gelten:
1.03 = x^(4/3), wobei x = 1 + p/100 ist
Das ergibt für x:
1.03^(3/4) = x^(4/3)^(3/4)
x = 1.03^(3/4)
also x = 1.02242 und damit entspricht der effektive Jahreszins 2,24 %
(Danke an Herrn Heinhard, der einen Fehler in obiger Erörterung gefunden hatte!)


"Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, verdammte Lügen und Statistiken." (Benjamin Disraeli)

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