Lügen mit Statistik

Allgemein

Der Beste muss zuweilen lügen.
Mitunter tut er's mit Vergnügen.
Wilhelm Busch

Lügen lernen


Auch wenn es auf dieser Webseite nur um einen Spezialfall des Lügens geht, also die Kunst mathematisch zu lügen, wollen wir hier dennoch kurz auf die Lüge im Allgemeinen eingehen.

Kann man Lügen lernen?

Wenn man wissen will, was Wahrheit ist, muss man lügen lernen. So sieht es zumindest Nietzsche.[1]
Die Frage sollte eher lauten, wie man es verhindern kann. Lügen lernen ist ein Bestandteil unserer Entwicklung, der geistigen und der emotionalen. Wir lernen die Kunst der Täuschung bereits als Kinder. Angeblich soll jeder von uns zwischen 100 bis 200 Mal pro Tag lügen, aber diese Behauptung ergibt natürlich so kaum Sinn. Zunächst muss man einmal den Begriff ,,Lüge'' genau definieren.

Definition der Lüge

Der Duden definiert die Lüge als eine ,,bewusst falsche, auf Täuschung angelegte Aussage; absichtlich, wissentlich geäußerte Unwahrheit''.
Sie können gemein, grob, faustdick, niederträchtig sein, aber manchmal werden sie auch als raffiniert bewundert oder als haarsträubend belächelt.
Neben der Lüge kennen wir auch, die Notlüge, in der auch bewusst eine Falschaussage gemacht wird und absichtlich die Unwahrheit gesagt wird, um zu täuschen, aber bei der Notlüge wird gewissermaßen ein edleres Ziel vorausgesetzt, also zum Beispiel in einer Notlage, um etwas Schlimmeres zu verhindern oder in einer Situation, wo man jemand anderen schonen möchte.
Dr. Helmut Lukesch, Prof. für Psychologie, spricht in seinem Vortrag "Erkennbarkeit der Lüge: Alltagstheorien und empirische Befunde" von der Lüge aus Höflichkeit zum Schutz der eigenen oder anderer Personen. Er spricht sagt, dass mehr als 90% aller Lügen prosozial seien. Sie wirkten stabilisierend innerhalb der Familie oder der Gruppe.

Lohnt es sich zu lügen

Auch mit obiger Definition hat man sicherlich im Einzelfall Schwierigkeiten festzustellen, ob eine Lüge vorliegt, der Knackpunkt liegt, wie aus obiger Definition hervorgeht darin, ob man es wirklich im vollen Bewusstsein und wissentlicht gemacht hat.
Aber nehmen wir an, dass die hohe Zahl der täglichen Lügen stimmte. Warum tun wir es, obwohl der Volksmund uns eines besseren belehrt: Lügen werden kurze Beine unterstellt und man beteuert uns, dass die Wahrheit rasch zutage kommt. Lüge vergeht, Wahrheit besteht.

Woran erkennt man einen Lügner

"Lügner meiden Augenkontakt" ist eine wohl allgemein akzeptierte Überzeugung, aber dem widerspricht Prof. Lukesch. Er sagt, dass das Gegenteil der Fall sei. "In der Lügensituation wird vermehrter Blickkontakt gesucht!"
Er erwähnt, dass die Forschung herausgefunden hat, dass bei der Lüge wenig gelächelt und gelacht wird. Ein von Forschern besonders favorisiertes Kriterium sei das sogenannte falsche oder unechte Lächeln, das verhuschte oder das einseitige Lächeln, bei dem nur ein Teil des Mundes in die Höhe gezogen wird. Wobei diese Bewegungen aber nur erroierbar seien, wenn man eine Videographie machte und diese später analysierte. Im normalen Kontakt habe man allenfalls das Gefühl, dass etwas nicht stimme mit dem Lächeln,

Anfänge

Die Frage, ob es Menschen ohne Lüge gibt, kann man eindeutig bejahen. Ja es gibt Menschen, die können nicht lügen und das sind keine Heiligen, sondern Kinder. In einem Kinderspital in Zürich haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Kinder erst mit etwa vier Jahren anfangen, Lügen einzusetzen. Kinder unter vier Jahre können nicht lügen, weil sie es noch nicht gelernt haben, anderen die Unwahrheit zu sagen oder ihnen etwas vorzutäuschen. Danach beginnen sie im Laufe ihrer Entwicklung ihre Fähigkeit andere in die Irre zu leiten oder zu täsuchen zu perfektionieren.
Das deckt sich mit dem, was Lukesch sagt: "Lügen ist durchaus eine beachtliche intellektuelle Leistung"

Früher war alles besser

Manche werden jetzt sofort einwenden, dass dies ein Phänomen unserer Zeit sei. Früher sei alles besser gewesen, da hätte es noch Ehrlichkeit gegeben. Klingt für viele sehr plausibel. Aber wann war dieses mysteriöse "früher"? Vor siebzig Jahren in Deutschland vielleicht, als dort einer der abscheulichsten Diktatoren der Weltgeschichte herrschte?
Lügen sind auf ihren kurzen Beinen recht flink durchs alte Rom gekrochen und schon damals jammerten Menschne, wie zum Beispiel der Redner und Philosoph Cicero, dass früher die Menschen aufrichtiger gewesen seien. O Tempora, o mores!

Plato: Hippias II (Auszug)

SOKRATES: Ich wiederhole: Die Falschen sind, so behauptest du, tüchtig, klug, wissend und weise hinsichtlich ihrer Falschheit?
HIPPIAS: Freilich, behaupte ich das!
SOKRATES: Die die Wahrhaftig sind, sind aber ganz anders?
HIPPIAS: Das meine ich.
SOKRATES: Also die Falschen gehören zu den Tüchtigen und Weisen?
HIPPIAS: Ganz gewiß. SOKRATES: Verstehen es die Falschen zu lügen?
HIPPIAS: Natürlich!
SOKRATES: Die Falschen sind also weise und tüchtig im Lügen?
HIPPIAS: So ist es.
SOKRATES: Jemand, der nicht lügen kann, wäre also nicht falsch?
HIPPIAS: Ja.
SOKRATES: Tüchtig ist doch aber jeder, der das, was er will, jederzeit tun kann. So wie du in der Lage bist, meinen Namen zu schreiben, wann immer du willst, so jemanden nennst du doch tüchtig?
Lieteratur:
[1] Friedrich Wilhelm Nietzsche: Also sprach Zarathustra, 4. Teil, Vom höheren Menschen (9)
[2] Lukesch, H. (2003): Erkennbarkeit der Lüge: Alltagstheorien und empirische Befunde. In M. Mayer (Hrsg.), Kulturen der Lüge. Köln: Böhlau. 121-149.

"Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, verdammte Lügen und Statistiken." (Benjamin Disraeli)

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