Biorhythmus und biologische Rhythmen
Begriffsabgrenzung
Zunächst ist es wesentlich, die beiden Begriffe "Biorhythmus" und "biologische Rhythmen" begrifflich genau abzugrenzen. Auch wenn es häufig anders dargestellt wird, haben Biorhythums und biologische Rhythmen (auch Zyklen genannt) nichts miteinander zu tun. Die Aktivität des Sinusknotens im menschlichen Herzen stellt zum Beispiel einen biologischen Zyklus dar.Unser Leben und das der anderen Lebewesen und Pflanzen wird durch zyklische Abläufe bestimmt. Zum Beispiel durch die Rotation der Erde um sich selbst und die Sonne, wodurch Tag und Nacht, sowie die Jahreszeiten bestimmt werden. Entsprechen haben sich unsere Körperfunktionen an diese regelmäßigen Zeitabläufe angepasst.
Entstehung
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts (1814) wurde bereits die tageszeitliche Abhängigkeit von Pulsfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur wissenschaftlich von dem französischen Pharmazeut Julien Joseph Virey (1775-1846) entdeckt. Er prägte den heute so häufig verwendeteten Begriff der "inneren Uhr". Gleichzeitig wurde damit ein neuer Zweig der Biologie und Medizin geboren: die Chronobiologie. In zahlreichen Experimenten wurde bis heute gezeigt, dass Menschen auch in totaler Isolation, also ohne jede äußeren Hinweise auf die Tageszeit (Uhr, Licht, Geräusche etc.) ihre biologischen Rhythmen beibehalten. Allerdings wurde dabei eine Verlängerung der Tagesperiode auf ca. 25 - 26 Stunden beobachtet.Der Theorie des sogenannten Biorhythmus ist nicht Teil der Chronobiologie. Er beruht auch nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und wird von seriösen Wissenschaftlern abgelehnt.
Die ursprüngliche Idee stammt von dem HNO-Arzt Dr. Wilhelm Fliess (1858 - 19 28). Er war mit Siegmund Freud befreundet und war auch an der Entstehung der Psychoanalyse beteiligt. In den Krankengeschichten seiner Patienten glaubte er übereinstimmende Zyklen gefunden zu haben. Für Männer postulierte er einen 23tägigen und für Frauen einen 28tägigen Zyklus. Anhand dieser Perioden glaubte er Aussagen über Gesungsverläufe und sogar über den Tod von Patienten machen zu können. Diese Idee bildet die Grundlage für die heute verwendeten Biorhythmen. Weiterentwickelt hat diese Theorie unter anderem der Wiener Psychologe Swoboda.
Grundlagen
Der Lehre des Biorhythmus in seiner einfachen Form geht von drei periodischen Abläufen aus, die das körperliche, emotionale und geistige Wohlbefinden definieren.Die Zyklen sind wie folgt:
- körperlicher Rhythmus (23 Tage)
Nach der Theorie werden dadurch die Ausdauer, die Vitalität und die Kraft eines Menschen bestimmt. - emotionaler (oder seelischer) Rhythmus (28 Tage)
Dazu zählen die sinnliche Wahrnehmung, die Gemütsverfassung und die Kreativität eines Menschen. - geistig-emotioneller Rhythmus (33 Tage)
Denk- und Lernfähigkeit, logisches Verständnis etc.
- KZ = sin(360 * AT / 23)
- EZ = sin(360 * AT / 28)
- GZ = sin(360 * AT / 33)
Kritik
- Unveränderlichkeit der Perioden
Die Kurven beginnen immer mit der Geburt, egal ob ein Kind zum Beispiel zu "früh" oder zu "spät" vom rechnerischen Geburtspunkt geboren wurde. Es wäre so, als legte jemand einen Schalter um, wenn das Kind die Gebärmutter verlässt. Egal ob regulär oder über Kaiserschnitt. Auch bei einem Frühgeborenen sollen diese Zyklen angeblich exakt mit der Geburt beginnen. Dann setzen sich diese Zyklen unbeirrbar im Leben eines Menschen fort. Es spielt dabei keine Rolle, wie jemand lebt, z.B. Sport treibt oder nicht, wenig oder viel schläft, oft in Flugzeugen um die Welt reist, usw.
Wir wissen, dass es bei messbaren Zyklen, wie z.B. der Menstruation einer Frau erhebliche Unterschiede in der Periodizität gibt und dass die Zyklen von äußeren Faktoren geprägt und unterbrochen werden können. - keine messbaren oder nachprüfbaren Größen
Keine dieser biorhythmischen Kurven lässt sich mit Hilfe von elektrischen, chemischen, biochemischen, hydraulischen oder wie auch immer gearteten Verfahren messen bzw. nachweisen.
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